Lern- und Erinnerungsort Notaufnahmelager Gießen

Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entsteht im Meisenbornweg in Gießen ein Notaufnahmelager für Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone und der später gegründeten DDR. Bis in das Jahr 2018 fungiert das Gelände zuletzt unter dem Namen Hessische Erstaufnahmeeinrichtung als Anlaufstelle für Menschen auf der Flucht. Als eines der ältesten und von 1963 bis 1989 zentrales Bundesnotaufnahmelager für alle Flüchtlinge, Übersiedlerinnen und Übersiedler aus der DDR wurde das Areal in einem mehrjährigen Prozess zu einem nationalen Erinnerungs- und Demokratieort entwickelt.

Vor allem die Flucht- und Aussiedlerbewegungen nach dem Mauerbau in den Jahren 1961 bis 1990 und die Rolle des Lagers im Rahmen des deutsch-deutschen Häftlingsfreikaufs sind zentrale Aspekte der Erinnerungsarbeit. Zugleich soll die Gedenkstätte der Bedeutung des historischen Ortes als Erstaufnahmestation für Menschen auf der Flucht von 1945 bis 2018 insgesamt gerecht werden.

Die Dauerausstellung stellt die Menschen in den Mittelpunkt der Erzählung. Hinter ihren Schicksalen beleuchtet sie Ursachen für Vertreibung, Flucht und Ausreise. Sie thematisiert den Prozess der Aufnahme, aber richtet den Blick auch auf die Zeit danach und fragt nach den Bedingungen für ein erfolgreiches Ankommen in der neuen Heimat. Die Besucherinnen und Besucher sollen Zugang zur Lebenswirklichkeit der Geflüchteten, Aussiedlerinnen und Aussiedler oder Übersiedlerinnen und Übersiedlern bekommen und die Geschichten zugleich in die Historie einbinden können.

Als Lernort kann die Gedenkstätte dadurch auch im Rahmen der Demokratiebildung in der Gießener Stadtgesellschaft, hessen- und bundesweit wirken. Sie soll Impulse aufnehmen für eine kontinuierliche und aktuelle Ausrichtung der Gedenkstättenpädagogik und anzubietender Veranstaltungen. Als neuer zentraler Träger der historisch-politischen Bildung im Herzen der Bundesrepublik will sie mit vielschichten Angeboten zum Nachdenken anregen – über Demokratie und Diktatur, über Freiheit und Verfolgung, über Flucht und Vertreibung, aber auch über Hilfe und Aufnahme.

Die erste landeseigene Gedenkstätte Hessens entsteht am historischen Ort, Eine Fläche von 1.500 qm des historischen Gebäudekomplexes ist für den Lern- und Erinnerungsort vorgesehen. Diese Gebäude und der Außenraum wurden im Zeitschnitt des Jahres 1964 rekonstruiert; der historische Ort wird so wieder für Besuchende unmittelbar erlebbar.

Das Projekt wird mit Mitteln des Bundes und des Landes Hessen mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 6,8 Millionen Euro umgesetzt und umfasst neben der Dauerausstellung auch bauliche, denkmalpflegerische und digitale Maßnahmen.

Peter Wellach begleitete die Entwicklung und Realisierung des Lern- und Erinnerungsortes seit der Erarbeitung der Machbarkeitseinschätzung im Jahr 2019 und übernahm in dem mehrjährigen Prozess die Projektsteuerung sowie die kuratorische und gestalterische Leitung. beier+wellach projekte unterstützte dabei.  

 

Kategorie Lern- und Erinnerungsort 

AuftraggeberHessische Landeszentrale für politische Bildung, Wiesbaden / Lern- und Erinnerungsort gGmbH, Gießen

Zeitraum Leistungserbringung: 2019 – 2025, Eröffnung: 17. Juni 2025

Ort / GrößeLern- und Erinnerungsort Notaufnahmelager Gießen, ca. 1.500 qm

LeistungenMachbarkeitseinschätzung, Konzeption, Förderantrag, kuratorische und gestalterische Leitung, Projektsteuerung, Unterstützung Projektmanagement und Redaktion